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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Beit Tfilah Benyamin
Beit Tfilah Benyamin

Beit Tfilah Benyamin

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Luk'yana Kobylytsi Str. 53
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In der Lukjana Kobylytsi Straße Nummer 53, etwas außerhalb des Zentrums, befindet sich die „Beit Tfilah Benyamin Synagoge“. Es ist eine von lediglich zwei aktiven Synagogen der Stadt – wenngleich heute mehr Touristen als Gläubige die Räumlichkeiten aufsuchen. Es ist die einzige Synagoge, deren Innenraum größtenteils erhalten geblieben ist.

In der Sowjetzeit wurden alle noch bestehenden Synagogen nach und nach geschlossen und die Gebäude anderen Zwecken zugeführt. Es blieb nurmehr die „Beit Tfilah Benyamin Synagoge“ in ihrer ursprünglichen Funktion erhalten. Der Vater von Iosif Bursuk war einer ihrer Besucher:

Nach dem Krieg hielten mein Vater und meine Mutter strikt an den jüdischen Traditionen fest. Sie feierten Feiertage und Sabbat. Meine Mutter war Hausfrau und mein Vater arbeitete bis zu seiner Pensionierung an seinem früheren Arbeitsplatz. Nach 1948, dem Höhepunkt der Kampagne gegen „Kosmopoliten“, gab es in Tschernowzy nur noch eine funktionierende Synagoge. Mein Vater war jeden Samstag dort. Einmal fragte ich ihn: „Du bist jetzt nicht so religiös, warum also diese strenge Art des Familienlebens?“ Mein Vater antwortete: „Damit wir es wissen und uns erinnern“. Und ich habe mich daran erinnert.

In der von allgemeiner Angst geprägten Atmosphäre – und weil kein autorisierter Rabbiner mehr vor Ort war –, wurden auch in der letzten verbliebenen Synagoge über längere Zeit keine Gottesdienste durchgeführt. Erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 nahm die kleine Synagoge den Dienst wieder auf. Von 1992 bis 2018 wirkte Rabbi Noah Kofmans’kyj als ihr geistlicher Führer.

Die 1925 eingeweihten Räumlichkeiten verfügen über einen typischen und zugleich eher einfachen Aufbau. Den Hauptteil prägt eine kleine Gebetshalle mit getrennten Sitzplätzen für Männer und Frauen. Das Innere der Halle ist mit thematischen Wandgemälden dekoriert, die wahrscheinlich in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre von einem lokalen Künstler angefertigt wurden. Jene gut erhaltenen Wandmalereien gehören zu den herausragenden Beispielen jüdischer religiöser Kultur in Osteuropa.

In den 1930er Jahren war die „Beit Tfilah Benyamin“ eine von zahlreichen kleineren Synagogen der Stadt. Rudi Katz, geboren 1929, erinnert sich an Synagogenbesuche und unterschiedliche religiöse Ausrichtungen im Czernowitz seiner Kindheit:

Wir gingen zu der, die uns am nächsten war. Es war eine kleine Synagoge mit einfachen Leuten: Sie waren keine Intellektuellen, Ärzte oder Professoren. Für diese einfachen Leute hatte der Begriff des Reformismus wenig Bedeutung; sie waren weder orthodox noch reformiert. Es gab nur einen Schammasch, einen Synagogendiener, aber keinen Rabbiner. Ich weiß nichts über andere Synagogen, aber die Juden im großen Tempel waren anders, sie waren Intellektuelle, also wurden sie reformiert. Aber in jenen Jahren war diese Trennung in verschiedene Religionsströme nicht so sichtbar.

2005 wurde das Gebäude „Beit Tfilah Benyamin“ auf Beschluss des Stadtrats von Czernowitz an eine kleine jüdische Gemeinde, die in diesem Gotteshaus registriert ist, zurückgegeben. Nach dem Tod des Rabbiners sind die sehenswerten Räumlichkeiten nur bedingt zugänglich.

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