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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Das Gebäude der ehemaligen Groise Shi heute
Das Gebäude der ehemaligen Groise Shi heute

Groise Shil

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Synagogue Str. 31
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Aus dem monumentalen Gebäude, das sich von allen anderen historischen Häusern der Synagogenstraße durch massive Mauern, schmale Bogenfenster und eine hohe nach Westen gewandte Eingangsplattform unterscheidet, dringt heute Kaffeeduft: Im Erdgeschoss befindet sich eine kleine Kaffeerösterei. Früher war das Gebäude ein jüdisches Heiligtum, das aufgrund seiner Größe den Namen „Groise Shil“ erhielt, was im Jiddischen so viel wie „Große Synagoge“ bedeutet.

Es handelt sich um eines der ältesten steinernen Häuser von Czernowitz – und bis 1877 befand sich in diesem Gebäude die wichtigste Synagoge der Stadt. Sie wurde an der Stelle eines hölzernen Vorgängerbaus errichtet, der 1770 von den Russen zerstört worden war. Kurz bevor die österreichischen Truppen 1774 die Bukowina besetzten, erhielt die lokale jüdische Gemeinde das Recht, eine neue Synagoge zu errichten. Antisemitische Vorbehalte seitens der österreichischen Militärverwaltung verhinderten jedoch die Umsetzung. Erst 1799 kam aus Wien die Erlaubnis, die Synagoge wiederaufbauen zu dürfen. Nach mehreren Bauunterbrechungen konnte die „Groise Shil“ schließlich 1854 fertig gestellt werden.

Schon zur Zeit der Einweihung gab es heftige Streitigkeiten zwischen dem reformierten und dem orthodoxen Teil der jüdischen Gemeinde hinsichtlich der Nutzung des Gebäudes. Die Auseinandersetzungen hatten erst mit der Einweihung des Tempels, der neuen Hauptsynagoge der Reformierten, im Jahr 1877 ein Ende. Die „Groise Shil“ war fortan die orthodoxe Hauptsynagoge von Czernowitz. Die „Bima“, eine erhöhte Plattform zum Lesen der Thora, stand hier in der Mitte der Gebetshalle; außerdem beteten Männer und Frauen getrennt.
Im Herbst 1941 wurde das Czernowitzer Ghetto errichtet, in dessen Grenzen sich auch die „Groise Shil“ befand. Das große Gotteshaus diente nun gezwungenermaßen zur Unterbringung von zahlreichen Juden. Es wird vermutet, dass die Synagoge nach Auflösung des Ghettos nicht geschlossen wurde, sondern weiter funktionierte. Die jüdische Religionsgemeinschaft war hier nach dem Krieg registriert. Im April 1959 wurde diese Gemeinschaft als antisowjetisch eingestuft und enteignet.

In den Räumlichkeiten der „Groise Shil“ befand sich lange Zeit eine Werkstatt zur Herstellung und Reparatur von Kinomöbeln. 1991 wurde das Gebäude der ehemaligen Synagoge privatisiert. Ein Brand im Jahr 2006 beschädigte das Dach und zerstörte die meisten ursprünglichen Wandmalereien. Zufällig wurden 2012 in der Seitenhalle gut erhaltene Wandgemälde unter Putz entdeckt, die in den 1930er Jahren vom lokalen Künstler Yitzhak Eisikowitsch gemalt wurden. Seine Werkstatt befand sich am Anfang der Synagogenstraße auf der linken Seite. Die sehenswerten Wandgemälde wurden freigelegt und sind heute im Verkaufsraum der Kaffeerösterei zu bewundern.

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