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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Gebäude der ehemaligen Berufsschule für jüdische Mädchen
Gebäude der ehemaligen Berufsschule für jüdische Mädchen

Berufsschule für jüdische Mädchen

Element 340
Scoala auto RUTFOR, Strada Alexandru cel Bun 111
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Das historische, zweigeschossige Gebäude in der Strada Alexandru cel Bun 111 fällt durch seinen türkisfarbenen Anstrich ins Auge. Schilder neben dem zentralen Eingang weisen den Bau als Berufsschule aus – und das war auch seine ursprüngliche Funktion.

Die Schule wurde 1885 gegründet, auf Initiative bessarabischer Eliten. Entscheidend aber war die finanzielle Unterstützung der Familie Mischnik. Eine Marmortafel im Innern erinnerte an die Großzügigkeit von Feiga und Israel Mischnik, deren Portraits dort ebenfalls hingen. Die Schule erhielt zudem den Namen von Israel Mischnik. Der erste Vorsitzende der Schule war der berühmte Arzt und zionistische Führer Yakov Bernstein-Kogan.
Die Schülerinnen der Berufs- oder Handelsschule kamen aus ganz Bessarabien nach Chișinău. Sie stammten vornehmlich aus den ärmsten jüdischen Familien. Die Ausbildung war kostenlos, die Besten erhielten Stipendien, auch wurden kostenlose Sommerlager organisiert. Im Erdgeschoss des Gebäudes fand der theoretische Unterricht statt, im zweiten Stock waren die Werkstätten für die praktische Ausbildung untergebracht, darunter eine Schneider- und eine Lederwerkstatt sowie eine Zahnarztpraxis.

Eine der jüdischen Schülerinnen war Dora Nisman, die 1912 in Rezina, einer kleinen Stadt am rechten Ufer des Dnjestr geboren worden war und dort in einfachen Verhältnissen ihre Kindheit verbrachte. In einem Centropa-Interview erinnert sich Dora Nisman an ihre Zeit an der berufsbildenden Schule in Chișinău:

Mein Vater bemerkte, dass ich sehr gut nähen kann, und sagte mir, ich solle in Chișinău zur weiterführenden Schule gehen. Im Jahr 1925 ging ich in Chișinău auf die Handelsschule. Ich war 13 Jahre alt. Unser ukrainischer Nachbar gab mir vor meiner Abreise eine Tasche voller Nüsse, Äpfel, Trauben und ein paar Lei. Es war eine Schule für jüdische Mädchen aus armen Familien. In dieser Schule lernten wir auch Rumänisch. Wir hatten eine sehr nette jüdische Lehrerin, Sima Abramovna, eine Geschichtslehrerin, und Kavarskiy, einen Künstler, der uns das Zeichnen beibrachte: Ich erinnere mich an die Figuren, die wir an die Wand gemalt haben. Uns wurde beigebracht zu nähen, Stoffe zuzuschneiden und Kleider so zusammenzustellen, dass sie zu einer Figur passen. Wir machten auch Entwürfe. Diese Schule war wie ein College. Alle unsere Lehrer waren jüdisch, mit Ausnahme unseres Rumänisch-Lehrers und der Lehrer für Geografie und Chemie. Der Unterricht war auf Rumänisch. Ich habe dort zwei Jahre lang gelernt und nach Abschluss der Schule ein Arbeitszeugnis erhalten. Ich hatte ein Zimmer mit drei anderen Mädchen gemietet, die aus kleineren Städten gekommen waren. Unsere Vermieter waren Juden und ebenfalls arm.

Im Anschluss an ihre Ausbildung an der Berufsschule zog Dora Nisman nach Czernowitz, wo sie eine Anstellung in einer der angesagtesten Boutiquen der Stadt fand.

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