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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Церемоніальний зал
Eine Reihe von Gräbern auf dem jüdischen Friedhof, Chernivtsi (© Moahim on Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Jüdischer Friedhof

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Zelena St, 11
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Der jüdische Friedhof von Czernowitz liegt etwas außerhalb des Stadtzentrums – doch ein Besuch lohnt sich, denn er ist beeindruckend. Mit seinen rund 12,5 Hektar Fläche gilt er als eine der größten jüdischen Friedhofsanlagen in Mittel- und Osteuropa. Die genaue Anzahl der Grabstätten ist nicht bekannt, Schätzungen gehen von über 50.000 Gräbern aus. Der Friedhof wurde 1866 auf Beschluss des Stadtrats angelegt und löste den alten jüdischen Friedhof ab, der näher am Stadtzentrum lag.

Direkt am Eingang zieht ein stattliches Gebäude die Aufmerksamkeit der Besuchenden auf sich: Die ehemalige Zeremonienhalle. Das massive Gebäude wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet, nach Plänen des ortsansässigen Architekten Max Morgenstern, und 1906 eingeweiht. Eine Kuppel aus Beton krönt den quadratisch angelegten zentralen Raum. Er diente den Hinterbliebenen zum Abschiednehmen. Die Anbauten wurden als Leichenhalle oder etwa für Verwaltungszwecke genutzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Zeremonienhalle der jüdischen Gemeinde entzogen und zweckentfremdet worden: Der Bau diente als Materiallager sowie als Werkstatt zur Restaurierung und Herstellung von Grabsteinen. Seit 2017 wird das baufällige Gebäude restauriert. Obwohl der Friedhof formell immer noch im Betrieb ist, soll hier ein Holocaust-Museum entstehen.

Der Friedhof erlaubt Einblicke in das jüdische Leben in Czernowitz bis ins ausgehende 19. Jahrhundert. Im vorderen Teil, gleich hinter der Zeremonienhalle, finden sich eindrucksvolle Grabanlagen wichtiger Bürger. Heraus ragt das Mausoleum von Regierungsrat Eduard Reiss, dem ersten jüdischen Bürgermeister der Stadt, mit seinen bunten Glasfenstern. Auch die Grabstätten vom Politiker Benno Straucher, dem langjährigen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde, und dem Dichter Eliezer Steinbarg finden sich an exponierter Stelle. Dazu existieren Gräber weiterer Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wissenschaft, aber auch aus Wirtschaft und Handwerk. Immer wieder finden sich Berufe und Ehrentitel auf den Grabsteinen vermerkt. Dem Besucher begegnen der Rechtsanwalt, der Großgrundbesitzer und der Direktor des Bukowinaer Creditvereins. So manche deutsche Inschrift atmet tief den Geist der Habsburger Monarchie.

Vom zentralen Weg zweigt rechter Hand ein Pfad ab, der mit einer langen Reihe von Lichtmasten gesäumt ist. Wer diesem Pfad folgt, gelangt zu einem Massengrab für die in Czernowitz im Juli 1941 ermordeten jüdischen Zivilisten, das mit zwei goldverzierten Löwen versehen ist. Es finden sich auch Soldatengräber aus dem Ersten Weltkrieg auf dem Areal. Den hinteren Teil des Friedhofs dominieren Grabsteine jüngeren Datums – mit Beschriftungen in russischer und ukrainischer Sprache.

Direkt gegenüber dem jüdischen Friedhof, auf der anderen Straßenseite, liegt der große christliche Friedhof von Czernowitz, mit Grabstätten in deutscher, polnischer, rumänischer, russischer und ukrainischer Sprache. Auch hier lohnt sich ein Besuch, um in das versunkene Erbe der ehemaligen Vielvölkerstadt einzutauchen.

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