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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Inschrift Jüdisches Nationalhaus

Jüdisches Nationalhaus

Element 340
Teatral'na Square, 5
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Im vierstöckigen Gebäude am Theaterplatz 5 befand sich einst das jüdische Nationalhaus. Erst seit 2019 erinnert am oberen Teil der Fassade wieder die Inschrift „Jüdisches Haus“ an die ursprüngliche Nutzung. Der Schriftzug war in der sowjetischen Zeit entfernt worden, ebenso wie der Davidstern darunter.
Nach Fertigstellung des Jüdischen Nationalhauses im Herbst 1908 befanden sich hier die Hauptorgane der jüdischen Gemeinde und deren Verwaltung. Das Gebäude diente auch verschiedenen jüdischen Organisationen und Vereinen als Unterkunft. Es gab zudem für Versammlungen und Zeremonien einen Festsaal für über 1.000 Personen.

Die jüdische Gemeinde hatte den Bau des Nationalhauses initiiert und auch finanziert. Eine zentrale Rolle spielte dabei der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde, Benno Straucher, der sich 1909 sogar eine eigene Büste im Erdgeschoss errichten ließ. Die Pläne für den Bau des Hauses lieferte der ortsansässige Architekt Julius Bochner; der Wiener Bildhauer Karl Stürmer fertigte die Skulpturen der Atlanten, die bis heute die Fassade zieren.

Anfang des 20. Jahrhunderts existierten in Czernowitz auch Nationalhäuser von Rumänen, Polen und Ukrainern und Deutschen. In diesem Zusammenhang kann das jüdische Nationalhaus als Manifestation eines gewachsenen jüdischen Nationalbewusstseins angesehen werden.

Zehn Jahre lang funktionierte das Haus als zentraler Ort des jüdischen Lebens. Es kam allerdings auch zu Spannungen innerhalb der jüdischen Gemeinde, die zur Gründung der „Toynbee-Halle“ führten.

In den 1920er und 1930er Jahren waren im Gebäude verschiedene jüdische Institutionen untergebracht, darunter der Verband der jüdischen Schulen, die jüdische Bibliothek und das Büro des Rabbiners.

Im Herbst 1940 enteigneten die sowjetischen Behörden das Haus, um es als Palast der Pioniere zu nutzen. Nach dem Machtwechsel im Sommer 1941, als Czernowitz nochmals zum rumänischen Staat gehörte, diente das Gebäude unter anderem als Militärgericht. Nach dem Zweiten Weltkrieg befand sich hier zunächst ein Kaufhaus, dann ein Haus der Kultur und das Haus wurde vom örtlichen Textilkombinat genutzt.

Nach der Unabhängigkeitserklärung der Ukraine 1991 gaben die lokalen Behörden einige Räume frei für neu geschaffene jüdische Kulturorganisationen wie den Sozial- und Kulturfonds sowie die Eliezer Steinbarg-Gesellschaft für jüdische Kultur. Heute befindet sich das Haus noch immer im Eigentum der Stadt.
Den Hauptteil des Gebäudes beansprucht der zentrale Kulturpalast. Im Erdgeschoss befindet sich das Museum für Geschichte und Kultur der bukowinischen Juden. Hier können Besucher in die großenteils vergangene jüdische Welt von Czernowitz eintauchen. Im zweiten Stockwerk hat außerdem die Jüdische Gemeinde der Czernowitzer Region ihr Büro.

Ein Blick lohnt auch ins Treppenhaus des Gebäudes: Betrachtet man die Davidsterne im Treppengeländer genauer, dann fällt auf, dass jeweils zwei Zacken nachträglich angebracht wurden. Die Sterne waren während der Sowjetzeit beschnitten worden und sollten so ihrer symbolischen Wirkung beraubt werden. Erst in den 1990er Jahren erhielten sie ihre Zacken zurück – und stehen heute gewissermaßen symbolisch für die jüdische Geschichte des Hauses.

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