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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Geburstort Rose Ausländer
Geburtsort Rose Ausländer

Geburtshaus Rose Ausländer

Element 340
Sahaidachnoho St, 57
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Warum schreibe ich? Vielleicht weil ich in Czernowitz zur Welt kam, weil die Welt in Czernowitz zu mir kam. Jene besondere Landschaft. Die besonderen Menschen. Märchen und Mythen lagen in der Luft, man atmete sie ein.

Neben dem Eingang des unauffälligen Hauses in der Sahaidatschnoho Straße 57 findet sich eine Gedenktafel, die anlässlich des 100. Geburtstags von Rose Ausländer angebracht wurde. Darauf ist zu lesen: „Die deutschsprachige Dichterin wurde am 11. Mai 1901 in diesem Haus geboren“.
Unter ihrem Geburtsnamen Rosalie Beatrice Scherzer erblickte die Dichterin als Kind einer deutschsprachigen jüdischen Familie das Licht der Welt. In ihrem Geburtshaus verbrachte sie eine sorgenfreie Kindheit, bevor sie im Zuge des Ersten Weltkriegs ihre Heimat verlassen musste – zum ersten, aber keineswegs zum letzten Mal. Gemeinsam mit ihren Eltern floh sie über Budapest nach Wien, kehrte 1920 ins nun rumänische Czernowitz zurück, wo der Vater kurz darauf verstarb.

1921 wanderte sie in die USA aus, gemeinsam mit Ignaz Ausländer, einem Studienfreund, den sie in den USA heiratete, dessen Namen sie annahm – und auch behielt, als die Ehe geschieden wurde. Rose Ausländer kehrte 1931 wieder nach Czernowitz zurück. Ihre Mutter war schwer krank. Mit ihrem neuen Partner lebte sie in einer geräumigen Wohnung in der heutigen Bohdana Khmelnytskogo Straße; sie engagierte sich im kulturellen Leben der Stadt, fand aber keine feste Anstellung. Wieder sah sie sich gezwungen, Czernowitz zu verlassen – diesmal nach Bukarest. 1939 kehrte sie erneut zurück, um ihre schwer kranke Mutter zu pflegen. Als 1940 die sowjetische Militärverwaltung die Kontrolle über die Stadt übernahm, wurde Rose Ausländer als amerikanische Spionin verhaftet. Sie verbrachte einige Monate im Gefängnis. Dann kamen im Juli 1941 deutsche und rumänische Truppen in die Stadt:

Gestern begruben wir die Sonne.
Es war eine unendliche Sonnenfinsternis.
Dann kamen sie
mit scharfen Fahnen und Pistolen
und schossen alle Sterne und den Mond
damit kein Licht uns bliebe
damit kein Licht uns liebe.

Im Oktober 1941 musste sie ins neu errichtete Czernowitzer Ghetto ziehen. Sie entging den Deportationen, überlebte den Holocaust auch dank der Hilfe von Freunden und emigrierte nach dem Krieg erneut in die USA. Mitte der 1960er Jahre kehrte sie nach Europa zurück, siedelte über Wien nach Düsseldorf, wo sie 1988 starb. In Czernowitz erinnert seit 2018 ein Denkmal auf dem Heilige-Maria-Platz an die berühmte Tochter der Stadt. Auf dessen Sockel findet sich folgendes Zitat:

Eine goldene Kette
fesselt mich
an meine urliebe Stadt
wo die Sonne aufgeht
wo sie untergegangen
für mich

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