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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Safah Ivriah Kultur- und Bildungszentrum

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Synagogue Str. 6
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Der zweigeschossige Bau in der Synagogenstraße Nummer 6 ist ein eher unscheinbares Gebäude. Das mag auch damit zusammenhängen, dass es erst in den 1920er Jahren erbaut wurde, also nach der Blütezeit des jüdischen Lebens der Stadt.

Interessanter als das Bauwerk selbst ist die Geschichte des jüdischen Landesschulvereins Safah Ivriah, der das Gebäude ab 1924 errichten ließ. Der Verein entstand 1913 mit dem Zweck, die hebräische Sprache zu fördern, die bis zum Ende der Habsburger Monarchie in Czernowitz nur eine untergeordnete Rolle spielte. Das jüdische Bürgertum schickte seine Kinder vermehrt auf deutschsprachige Schulen. Bildung und Kultur waren in Czernowitz stark von deutscher Sprache geprägt. Zuhause wurde meist Jiddisch gesprochen.
Nach 1918 gewann die zionistische Idee an Popularität und damit das Interesse am Bildungsprogramm des Vereins Safah Ivriah. Allein in Czernowitz betrieb der hebräische Landesschulverein vier Kindergärten, eine Akademie für Lehrerausbildung und Sprachkurse. 1922 erhielt der Verein die Erlaubnis, eine Volksschule zu eröffnen. Daher musste ein Schulgebäude errichtet werden.

Bruno Bittmann, geboren 1928, erinnert sich in seinem Interview mit Centropa an seine Schulzeit:

Ich besuchte vier Jahre die hebräische Schule in Czernowitz. Da mussten wir noch mit den Händen nach hinten sitzen, das war nicht locker so wie heute. Religionsunterricht bekamen wir zu Hause von Privatlehrern. Ich hatte einen Lehrer, der mit mir Hebräisch lernte, mich die jüdische Geschichte lehrte, und ich lernte von ihm beten. Aber ich nahm das alles nicht sehr ernst.

Auch Paul Antschel, später als Lyriker Paul Celan bekannt, besuchte die hebräische Volksschule zwischen 1927 und 1930, wahrscheinlich noch bevor die Schule aus Behelfsräumlichkeiten bei der „Toynbee-Halle“ in das neue Schulgebäude umgezogen war. Überhaupt hatte der Verein Safah Ivriah immer wieder mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen. Das Gebäude wurde für andere Zwecke genutzt, etwa für Parteiversammlungen oder Vorträge.

Über die Nutzung der Räumlichkeiten während des Zweiten Weltkriegs ist kaum etwas bekannt. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, dass zu Zeiten des Czernowitzer Ghettos im Schulgebäude zahlreiche Menschen untergebracht waren. Nach dem Krieg war darin eine Gesamtschule, später eine Abendschule, dann das Lyzeum Nr. 3 und schließlich eine Abteilung der „Odessa Academy of Law“. Seit 2012 wird das Haus von einer NGO als soziales Zentrum für Obdachlose genutzt

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