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ÜBER DIESES PROJEKT

Unsere beiden AudioWalks nehmen Sie mit auf eine Reise durch das jüdische Czernowitz und Chişinău und ermöglichen Ihnen, viele der fast vergessenen Orte des jüdischen Lebens in den Städten zu entdecken.

Nutzen Sie unsere Multimedia-Karten und erkunden Sie dabei das Archivmaterial sowie die Familienbilder und persönlichen Geschichten von 21 jüdischen Holocaust-Überlebenden, um einen einzigartigen Einblick in das vielfältige jüdische Erbe dieser beiden europäischen Städte zu erhalten.

Stolperstein Moise Berliand
Stolperstein Moise Berliand

Stolperstein (für Moise Berliand)

Element 340
Strada Alexandru cel Bun 17
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Vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Berliand liegt ein Stolperstein, der an Moise Berliand erinnert. Das Erinnerungsprojekt der Stolpersteine macht in vielen europäischen Ländern auf einzelne Opfer des Nationalsozialismus aufmerksam. Mit Messing beschlagene Steine werden in den Bürgersteig vor den Wohnorten eingelassen, wo diese Menschen vor ihrer Festnahme, Flucht oder Deportation gelebt haben. In Chişinău liegt in der Strada Armenească 27b ein weiterer Stolperstein, der an Bunia Brun erinnert.

Moise Berliand, 1885 in Chişinău geboren, Enkel des bekannten Führers der jüdischen Gemeinde Chişinăus, Solomon Berliand, emigrierte 1928, in der Zwischenkriegszeit, aus Bessarabien nach Frankreich. Dort wurde er verhaftet und im März 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert und dort umgebracht.

Tausende Juden aus Chişinău wurden zwischen 1941 und 1944 ermordet. Einigen bessarabischen Juden gelang die Flucht, kurz vor der Ankunft der Deutschen und Rumänischen Truppen, wie der Familie der 15jährigen Raisa Roitman, die aus einer kleinen Stadt am Dnjestr stammte:

Am 16. Juli 1941 beschlossen meine Eltern, direkt nach der Besetzung Chişinăus, die Stadt zu verlassen. Mutter dachte, dass sich die Dinge innerhalb von ein paar Tagen beruhigen und wir wieder zu Hause sein würden. Sie nahm nur einige Dokumente und Geld mit. Sie ließ sogar ihren bescheidenen Schmuck zu Hause. Mutter schloss das Haus ab und gab die Schlüssel dem moldawischen Nachbarn, den sie bat, auf das Haus aufzupassen. Wir nahmen das meiste unserer Habseligkeiten nicht mit, wir hatten nur leichtes Gepäck. Nur Motle nahm seinen Lieblingsgegenstand mit – sein Backgammon-Spiel. Das habe ich immer noch. Ich weiß nicht mehr, wie wir unsere Verwandten auf dem Weg zur Evakuierung getroffen haben. Bald stießen jedoch die Verwandten aus der Familie meiner Mutter zu uns. […] Wir gingen zusammen mit anderen Flüchtlingen die Straße entlang. Es gab häufig Bombeneinschläge, und wir mussten uns auf dem Feld oder im Wald verstecken. Menschen schrien und schluchzten. Es gab Verletzte und Tote. Manchmal gingen wir in die ukrainischen Dörfer. Die Gastgeber waren sehr gastfreundlich. Sie ließen uns ein Bad im Badehaus nehmen. Wir übernachteten in ihrem Haus. Sie gaben uns auch Nahrung, Milch und saubere Kleidung. […] Es gab keine Möglichkeit, nach Hause zurückzukehren. In jedem Dorf, in das wir kamen, trafen wir uns um 12 Uhr mittags am Radio, um die neuesten Nachrichten zu hören. Wir erfuhren, wie schnell die Deutschen in unser Land vorrückten.

Die Flucht war geprägt von Angst, Hunger und Ungewissheit, wie Raisa Roitman im Centropa-Interview berichtet. Die Familie gelangte – wie zahlreiche andere Evakuierte aus Chişinău und Bessarabien – bis weit nach Zentralasien. Der jüngere Bruder von Raisa, Motle, starb unterernährt an Fleckfieber. Das einzige, was ihr von ihm blieb, war sein Backgammon-Spiel. Nach Kriegsende kehrte die Familie in die Heimat bzw. nach Chişinău zurück:

Ende Dezember 1944, gleich nach der Befreiung Bessarabiens, machten wir uns auf den Heimweg. Natürlich erschien uns der Weg nach Hause viel kürzer. Wir mussten umsteigen und kamen am 3. Januar 1945 in Chişinău an. Die Stadt war dunkel, verwüstet und verfallen. Vater beschloss, dass wir in Chişinău bleiben sollten […]. Aus den Briefen von Bekannten hatten wir erfahren, dass unser Haus abgerissen worden war. Deshalb gingen wir nicht nach Vadul-Raşcov zurück. Es gab viele unbewohnte Kellerräume in Chişinău. Wir nahmen einen großen Raum und begannen, uns dort einzurichten.

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